Die Aufbaujahre Langwassers und der SPD Langwasser

Für die Parteitage Hitlers wurden im Gebiet von Langwasser zwei große Barackenlager, an der Gleiwitzer- und an der Glogauer Straße errichtet.

Während des 2. Weltkrieges waren dort Kriegsgefangene und danach deutsche Internierte und ausländische Flüchtlinge untergebracht.

Das Lager an der Glogauer Straße ist unter dem Namen VALKA-Lager bekannt geworden. Dort wurden ausländische Flüchtlinge und heimatlose Ausländer untergebracht (Displaced Persons = DPs).

In diesem sog. Valkalager waren zeitweise 6.000 Menschen aus 36 Nationen. Der Ruf des Lagers war sehr schlecht; es gab zahlreiche kriminelle Delikte und eine eigene Polizeidienststelle musste hier Tag und Nacht besetzt sein. (Später wurde das Lager nach Zirndorf verlegt, wo es als Durchgangslager für Ausländer noch heute besteht.)

Das Lager an der Gleiwitzer Straße wurde am 17. März 1949 der deutschen Flüchtlingsverwaltung zur Unterbringung deutscher Heimatvertriebener übergeben. Man renovierte die vorhandenen Baracken und errichtete zusätzlich neue. Dort hofften Heimatvertriebene aus Schlesien, dem Sudetenland, aus Brandenburg, Sachsen, Danzig, aber auch evakuierte – weil ausgebombte – Nürnberger auf einen neuen Anfang. Aus diesem Kreis haben einige - vornehmlich heimatvertriebene – frühere Genossinnen und Genossen im Spätsommer 1949 einen SPD-Stadtteil gegründet. Die Versammlung fand in der Gaststätte des Herrn Kleineidam statt. Anwesend waren 25 Personen. Als Obmann wählten die Versammlungsteilnehmer den Genossen Herbert Jarosch, Stellvertreter wurde Herbert Grüner, Kassier Franz Klier, Schriftführerin Friedl Katscher und Beisitzer die Genossen Karl Bartnik und Willi Hacker.

Herbert Jarosch hat außerdem die SPD-Betriebsgruppe der Bundesbahn organisiert. Als er 1951 von Langwasser in einen anderen Stadtteil Nürnbergs zog, wurde der Genosse Paul Elflein zum Vorsitzenden gewählt. Als dieser im April 1952 überraschend seinen Wohnsitz nach Salzgitter verlegte, wurde Franz Schlosser zunächst kommissarisch als Vorsitzender eingesetzt und im Mai 1952 dann von der Mitgliederversammlung zum Obmann gewählt. Er leitete den Stadtteil bis Februar 1969. Von 1963 – 1969 wurde Rolph Mader sein Stellvertreter.

Franz Schlosser war nach dem Kriege als Flüchtling nach Mittelfranken gekommen und zunächst von 1946 – 1949 Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Winkelhaid im Landkreis Nürnberg. 1948 war er dort auch in den Gemeinderat gewählt worden. Nach seinem Umzug nach Langwasser wurde er im November 1950 als zweiter Schriftführer in den Vorstand der SPD gewählt; im März 1952 wurde er von Langwasser aus als Stadtratskandidat vorgeschlagen und im gleichen Jahr neben dem Genossen Jarosch (dem ersten Obmann von Langwasser) in den Nürnberger Stadtrat gewählt. Im Mai 1952 hatten ihn eine außerordentliche Jahreshauptversammlung als Obmann bestätigt.

Rolph Mader berichtet, dass es eine mühsame Arbeit war, in diesem großen und weit verzweigten Gebiet die Parteiorganisation aufzubauen. Es war nicht leicht, die Heimatvertriebenen, die alle noch unter der Ausweisung aus ihrer Heimat, den langen Fluchtwegen und den Schicksalsschlägen des Krieges litten, zu überzeugen und zu bewegen, einer Partei beizutreten. Doch der Einsatz lohnte sich. Die Aufbauarbeit machte gute Fortschritte. 1953/54 bestanden bereits eine Frauengruppe und eine Gruppe der Sozialistischen Jugend – „Die Falken“. Die SPD war übrigens zu dieser Zeit die einzige Partei in Langwasser. Sie sah neben den organisatorischen Aufgaben ihre Pflicht darin, den Menschen in ihrer neuen Heimat zu helfen. Notstände, die man bald beseitigen wollte, herrschten besonders bei der Versorgung der Menschen, bei den Schulen und bei der Verkehrsanbindung.

So musste zu Beginn des Schuljahres 1949/50 für 153 Kinder der Schulunterricht in einer Lagerbaracke erteilt werden. In den folgenden Jahren bis 1957 musste die Schule im Lager an der Gleiwitzer Straße viermal erweitert werden.. Dazu wurden an der Strehlener und Friedensdorfstraße zusätzlich provisorische Schulräume ausgebaut, um halbwegs einen vernünftigen Unterricht durchführen zu können. Erst 1960, als das Schulhaus an der Salzbrunner Straße und 1963 das Schulhaus an der Julius-Leber-Straße bezogen werden konnten, war die Schulraumnot vorerst behoben. Ähnlich verlief die Entwicklung der Kindergärten.

Auch die Versorgung der Bevölkerung mit den Grundnahrungsmitteln war ein Problem, das sich noch verstärkte, als die Aufbauphase begann, da die Provisorien weichen mussten.

Die Verkehrsanbindung an die Innenstadt war mit öffentlichen Verkehrsmitteln fast nicht möglich und wer hatte seinerzeit schon ein eigenes Auto. Konnte der östliche Teil Langwassers an der Gleiwitzer Straße die Straßenbahn vom Dutzendteich nach Moorenbrunn benutzen, so war der westliche Teil an der Glogauer- und Liegnitzer Straße an keine Verkehrslinie angeschlossen. Endhaltestelle der Straßenbahn war die Bauernfeindstraße. Von dort musste man den Weg nach Langwasser zu Fuß zurücklegen. Auch hier konnte durch den Einsatz von Bussen nach und nach eine Besserung erreicht werden.

So kümmerte sich die Langwasser-SPD in den ersten Jahren ihres Bestehens vor allem um die täglichen Probleme der Bevölkerung und konnte viel dazu beitragen, dass das Leben der Leute immer erträglicher wurde.

Für viele unerwartet - auch für die Partei - kam im Frühjahr 1955 die Mitteilung, dass ein Teil der Baracken an der Bunzlauer-, Hirschberger-, Schweidnitzer- und Ohlauer Straße frei gemacht werden muss um sie abzubrechen, damit die Wohnbebauung planmäßig fortgesetzt werden kann. Diese Planung traf die SPD deshalb besonders hart, weil gerade in diesem Abschnitt das Gros der Mitglieder wohnte. Deshalb sank die Mitgliederzahl auf 51 ab. Rolph Mader, der seinerzeit Parteisekretär im Unterbezirk Nürnberg war, musste gemeinsam mit Hans Wagner, der für die Heimatvertriebenen bei der Stadtverwaltung zuständig war, viele Veranstaltungen und Versammlungen besuchen, um die Bevölkerung zu beruhigen. Die verbliebenen Mitglieder konnten nur mühsam motiviert werden, dass sie den Parteibetrieb über die Durststrecke hinweg aufrecht erhielten.

1957 begann dann der Bau der Mietwohnungen an der Reinerzer Straße und gleichzeitig der Eigentumsmaßnahmen an der Hirschberger Straße. Mit deren Bezug ging es auch mit der SPD wieder aufwärts. Die Arbeitsgruppen der Frauen und der Jungsozialisten entwickelten anfangs der 60-er Jahre starke Aktivitäten. Die „Falken“, denen ein eigener Raum zur Verfügung gestellt werden konnte, steigerten ihre Arbeit ebenfalls und es gab mehrere Kinder- und Jugendgruppen.

Auf Antrag der SPD Stadtratsfraktion zu den Haushaltsberatungen 1961 beschloss der Stadtrat gegen die Stimmen der CSU den Bau eines Gemeinschaftshauses in Langwasser. Der damalige CSU-Fraktionsvorsitzende drohte sogar die Rechtsaufsicht einzuschalten. Da riefen auf SPD-Initiative hin Bürger Langwassers, Dr. Strohbach, Franz Schlosser, Ferdinand Drexler, Schulrat Windisch, Lilo Seibel (damals Lehrerin in Langwasser), Rolph Mader, die Bevölkerung auf, an den Oberbürgermeister zu schreiben und ein kommunales Gemeinschaftshaus zu fordern. Schon 15 Tage später, am 22. August 1962 , überreichten Franz Schlosser und Rolph Mader dem Oberbürgermeister 1.248 Briefe aus der Bevölkerung (damals 8.000 Einwohner). Das war die Initialzündung für das Gemeinschaftshaus, das dann konkret 1965 gegen die CSU beschlossen wurde. Am 28. November 1968 konnte es an die Bevölkerung übergeben werden.

Es folgten auf Initiative der SPD weitere Großprojekte: das Hallenbad, das Einkaufzentrum, die Gesamtschule und nicht zu vergessen, die Bezirkssportanlage. Dort fand auch der 1. FC Langwasser – jetzt VfL -, der ebenfalls 1949 gegründet wurde Unterkunft. Dessen Geschichte ist ganz eng mit der der SPD Langwasser verbunden . Vorher musste sich dieser Verein und der VFB Langwasser mit wechselnden Spiel- und Sportplätzen begnügen. Die Mitglieder der Vereine beteiligten sich immer sehr intensiv an dem Ausbau der verschiedenen Objekte. Mit Inbetriebnahme der Schulen standen auch die Turnhallen den Sportvereinen zur Verfügung. Die Bezirkssportanlage wurde 1964 in Betrieb genommen.

Die Arbeit der SPD wurde seinerzeit von der Bevölkerung durchaus anerkannt und bei den Wahlen mit guten Ergebnissen belohnt.

Vorsitzende:

Herbert Jarosch ab 1949 - 1951 (Umzug in einen anderen Stadtteil)

Paul Elflein 1951 - 1952 (Berufung von der Gruppe Arbeiterpolitik nach Salzgitter)

Franz Schlosser 1952 - 1969 (Abwahl)

Ignaz Richter 23.2.1969 - 1971

Horst Dötschel 1971 - 1973

Siegfried Kett 1973 - 1975

Herbert Dötschel 1975 - 1983

Gert Wagner 1983 - 1989

Gerlind Zerweck 1989 - 1993

Bernhard Riehm 1993 - 1988

Muck Raymann 1999 - heute

Stadträte aus Langwasser:

Schlosser Franz, geb. 26.08.02 in Komotau, Elektromeister03/1952 -1972

Förster Emil, geb. 26.08.27 in Komotau, Rechtsanwalt 03/65 - 1984

Mader Rudolph, geb. 04.03.26 ab 03/57 (Nachrücker StRin Sassnik) - 1989 + 10.8.89

Müller Gert 02/74 - 1978

Schmidbauer Horst 1972 - 1996

Rehm Manfred 1978 - 1990

Widmayer Karl 1952 - 02/64, dann Personalreferent

Dötschel Herbert 1978 - 2008

Schuh Elvira 1990 - 2002

Zerweck Gerlind 1990 - 2008

Wojciechowski Anita 2006 - heute

Es gab einige Stadträte, die in Langwasser wohnten, doch eigentlich nicht aus anderen Stadtteilen stammten, z.B.

Lifka Walter 1972 - 1975+. Er war von Fischbach aufgestellt

Robert Schedl 09/63 - Stadtrat von Rangierbahnhof, wohnte aber zuletzt in Langwasser

Lorenz Gradl 1996 - heute, ist als dortiger Vorsitzender auch für den Stadtteil Rangierbahnhof im Stadtrat.